Wann wird man abhängig?

Was ist Abhängigkeit?

Die meisten Suchtkranken scheinen Alkoholiker zu sein. Dabei ist die Gruppe der Raucher größer und wird doch noch von den Esssüchtigen übertroffen. Bei Süchtigen geht es immer weniger um harte Drogen. 150.000 tote Raucher und Alkoholiker pro Jahr sprechen für sich. Man schätzt die Zahl Tablettenabhängiger in Deutschland auf über 1,5 Millionen.

Es ist unser Wunsch nach Erlösung von Beschwerden, der uns zum Arzneimittelkonsum und damit in die Abhängigkeit von Stoffen treibt. Unser Körper liebt die Gewohnheit und gewöhnt sich gerne an alles Mögliche. Aber es gibt auch Substanzen, die aggressiv abhängig machen. Welche das sind, erfahren wir erst, wenn es zu spät ist. Wir haben bei unserer Suche nach Hilfe die Möglichkeiten unserer ureigenen Großartigkeit einfach übersehen.

Ich bin doch nicht süchtig! Wenn es um Naschsucht oder Fernsehsucht geht, dann schmunzeln alle noch. Mit Drogen- oder Tablettensucht dagegen möchte keiner in Verbindung gebracht werden. Von Sucht sind sehr viele betroffen, denn zum Süchtigen gesellt sich gerne der Co-Abhängige. Meist ist der Leidensdruck zu klein, um etwas zu ändern. Man lernt mit seiner „Schwäche“ zu leben. Dabei wird Sucht schnell zum Beziehungskiller. Um Sucht zu überwinden, muss gerade die körperlich zu betrachtende Abhängigkeit gelöst werden. Leicht werden die besten Vorsätze aufgegeben, wenn Entzugssymptome auftreten. Der Weg ist nicht leicht, aber ich zeige viele Ansatzpunkte, die lohnenden Ziele zu erreichen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert die Abhängigkeit wie folgt: „Abhängigkeit ist ein Zustand (psychisch und oft auch physisch), der aus der Wechselwirkung eines Pharmakons mit dem lebenden Organismus entsteht und durch Verhaltens- und andere Reaktionen charakterisiert ist, zu denen immer der Drang gehört, das Pharmakon periodisch oder wiederholt einzunehmen, um dessen psychische Effekte zu erleben und in manchem Fällen auch, um die unangenehmen Effekte seines Fehlens zu vermeiden.“

Wann liegt eine Medikamentenabhängigkeit vor? 

1. starker Wunsch oder Zwang, Medikamente zu konsumieren

2. verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Beginns, der Beendigung und der Menge der Medikamenteneinnahme

3. körperliches Entzugssymptom bei Beendigung oder Reduktion der Dosis

4. Toleranzentwicklung d.h. es werden höhere Dosen nötig für den gleichen Effekt

5. fortschreitende Vernachlässigung anderer Vergnügungen oder Interessen zugunsten der Medikamenteneinnahme

6. erhöhter Zeitaufwand, um das Medikament zu beschaffen, es einzunehmen und und sich zu erholen

7. anhaltende Medikamenteneinnahme trotz eindeutiger schädlicher Folgen

Sind drei oder mehr Symptome gleichzeitig vorhanden, spricht man von Abhängigkeit. In dieser Definition zur Medikamentenabhängigkeit, lässt sich jedes beliebige stoffliche Suchtmittel einsetzen. Sobald wir „etwas“ wirklich brauchen, sind wir abhängig davon, und das ist unnötig einengend für unser Leben.  Es geht nicht um einen Mangel an Selbstdisziplin, wie oft gemeint. Es geht auch nicht um Genuss, den man insgeheim beibehalten möchte. Es sind die tückischen Entzugssymptome, die jeden Abhängigen bewusst oder unbewusst abhalten oder scheitern lassen, und damit das eigentliche Problem darstellen. Schon der Münchner Toxikologe Max Daunderer (1943 bis 2013) war sich sicher, dass zum Überwinden stofflicher Abhängigkeit ein funktionierendes Entgiftungssystem Voraussetzung ist. Wenn Sulfhydrilgruppen niederschwellig durch  Schwermetalle blockiert sind, ist eine Überwindung von Sucht nicht mehr möglich. Es handelt sich um eine Abhängigkeit unter der eigentlichen Abhängigkeit, die eine Entzug fast unmöglich macht. Nicht nur nach Max Daunderers Einschätzung muss zuerst die weitere Vergiftung gestoppt werden, bevor die eigentliche Abhängigkeit angegangen werden kann. Unsere Gesellschaft verleugnet quer durch das gesamte Gesundheitssystem die eigene Verantwortung für gesundheitliche Probleme. Es erfordert viel Mut, sich gegen das System selbst zu therapieren. Ohne diesen Alleingang verliert man sich in den angebotenen Schiefheilungen unseres Gesundheitssystems.

Abhängigkeit kann auch rein körperlich sein

Man kann praktisch von allem abhängig werden. Es gibt Menschen, die werden von Zucker abhängig, was eine schwere Abhängigkeit ist. In diesem Blog geht es um solche stofflichen Abhängigkeiten. Dabei trifft die Mechanik in ähnlicher Form auf alle Abhängigkeiten zu. Daher lohnt es sich, die Gesetzmäßigkeiten zur Kenntnis zu nehmen, um die richtigen Schritte in Richtung Abstinenz zu unternehmen. Unsere Gesellschaft neigt zur Sucht in jeder erdenklichen Form. Schlechte Gefühle möchte niemand haben, und so wird gerne etwas unternommen, um bessere Gefühle zu bekommen. Diesen Mechanismus kennt jeder, als normale menschliche Neigung sich dem Angenehmen zuzuwenden. Auch Abhängigkeit hat wohl jeder Erwachsene schon einmal erlebt. Das kann Liebeskummer sein, aber auch Spielsucht oder übertriebene Begeisterung für das Internet. Normal ist es, diese Neigungen zu erkennen und gegenzusteuern. Krankhaft ist eine Abhängigkeit immer dann, wenn man unter der Abhängigkeit leidet und trotz dieser Erkenntnis eine Befreiung nicht gelingt. Die Möglichkeit zur Abhängigkeit ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Die Ansatzpunkte für eine Herauslösung aus der körperlichen Abhängigkeit sind vielfältige körperbezogene Methoden, aber auch tiefgehende psychische Techniken.

Aus der Perspektive des selbst Betroffenen ist Abhängigkeit ein riesiger Berg von Problemen, die man vor sich herschiebt. Der Preis sich zu lösen, scheint zu hoch im Vergleich. Dabei wird der Berg immer unüberwindlicher und der Lebensverlust bedrohlicher. Wenn der Leidensdruck groß genug wird, wächst der Wunsch zum Ausstieg. Zu oft ist das Arrangement aber bequemer und fehlt die Bereitschaft, sich selbst ernst zu nehmen. Als Außenstehender steht man oft ratlos und leidend neben dem Abhängigen und möchte helfen. Auch für den Angehörigen kann es sehr sinnvoll sein, sich mit der stofflichen Problematik auseinanderzusetzen. Zum einen, um echte Hilfe anbieten zu können, aber auch zum Selbstschutz, der die Co-Abhängigkeit überwindet. Die feine Gradwanderung zwischen Hilfsbereitschaft und Co-Abhängigkeit zu meistern ist die wichtigste Chance für Angehörige und den Abhängigen.