Psychische Ursachen von Beschwerden

Das Wesen von Krankheit

Die Gesunden und die Kranken haben ungleiche Gedanken.

Die Weltgesundheitsorganisation definiert Gesundheit:

„Health is a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or infirmity.“

„Gesundheit ist ein Zustand kompletten körperlichen und geistigen Wohlbefindens und mehr als das Fehlen von Krankheit und Gebrechen.“

Gehirne können nicht denken. Es sind wir, die unser Gehirn zum Denken benutzen. Dieses „Ich“ steckt auf wundersame Weise in der grauen Substanz des Gehirns. Doch ist es nicht das Gehirn, was etwas tut oder nicht tut. Wir selbst treffen die Entscheidung. Geist über Materie. Wir sind der Herr über Milliarden Zellen, aber wir sind nicht diese Zellen. Wir sind Software und unsere körperliche Ebene ist unsere Hardware. Wir verlaufen uns buchstäblich in unserem selbstgeschaffenen Labyrinth. Wenn wir emotional in einer Sackgasse angekommen sind und glauben es nicht schaffen zu können, sollten wir uns Hilfe holen. Dabei sollten in erster Linie keine Medikamente zum Einsatz kommen, da sie einige unserer Fähigkeiten behindern. Es heisst ja Geisteskrankheit und nicht Gehirnkrankheit. Ich halte es für einen Fehler, psychische Störungen zuerst mit Medikamenten behandeln zu wollen. Hier ist Therapie angezeigt. Wir sind psychologische Analphabeten. Wir haben ohne besonderrs Interesse praktisch keine Ahnung von dem, wie wir ticken. Jeder hat sein eigenes emotionales Profil, was unsere Gedanken und aktuellen Gefühle lenkt. Wir denken zu fühlen, aber wir denken nur. Die Gefühle sind meistens alte Gefühle, nur neu aufgewärmt. Wir können es lernen, wieder unsere wirklichen Gefühle wahrzunehmen. Wir können lernen, unsere Gefühle auszuhalten, uns selbst auszuhalten. Wir können unseren Sumpf der Gefühle in eine blühende Wiese verwandeln. Unsere Erlebnisqualität können wir verändern. Das geht nicht schnell, aber dafür umso nachhaltiger.

„Gott gebe mir Gelassenheit – aber bitte sofort.“

Mit dem Wunsch wächst der Wille zur Veränderung. Eine Therapie kann uns helfen den Weg zu uns selbst zu finden. Es geht nicht darum ein anderer Mensch zu werden. Wir sind wie ein Puzzle, in dem einige Teile nicht an der richtigen Stelle sitzen. Wir entscheiden uns einfach um, nachdem wir uns neue Perspektiven angeschaut haben. Der Arzt oder Therapeut zeigt uns die blinden Flecken, die zu uns gehören.

Dabei bestimmt der Patient die Therapie. Der Arzt hat die Entscheidungen des Patienten zu respektieren. Niemand kann uns zwingen etwas zu tun. Auch wenn wir krank sind, entscheiden wir über die Therapie. Unser Tunnelblick lässt uns nicht alles selbst erkennen. Wir sollten Hilfsangeboten gegenüber eine kritische, aber grundsätzlich offene Haltung einnehmen. Wir müssen akzeptieren, das der Arzt eine große Erfahrung hat. Oft hilft schon ein Gespräch, um uns in eine andere Denkrichtung zu bringen.

Wir sind mit Gewohnheiten und einer gewissen Erfahrung dabei, unser Leben in den Griff zu bekommen. Wir haben unbeantwortete Sinnfragen und Empfindlichkeiten allem Möglichen gegenüber. Wir alle erleben emotionale Tiefpunkte in unserem Leben, das ist ganz normal. Wir gehen bis an unsere Grenze, um sie zu erfahren. Wir benötigen Zeit, um aus solchen Situationen zu lernen und neue Kraft zu schöpfen. Wir können uns deprimiert fühlen, ohne depressiv zu sein. Wir steigern uns in Angst panisch hinein. Nicht jedes negative Gefühl ist ein behandlungsbedürftiges Problem. Wenn sich Probleme zeigen, tun wir alles, um Sie zu verbergen. Wir leugnen, wir täuschen und wir lügen. In erster Linie machen wir das mit uns selbst, ohne das wir das bemerken. Wir glauben, was wir sagen, auch wenn es noch so schräg ist. Wenn andere damit Probleme bekommen, werden unsere Beziehungen leiden.

Die Krankheit beginnt, wenn Gefühl und Handlung auseinandergehen. Wir müssen lernen, beides wieder in Einklang zu bringen. Das geht nur Schritt für Schritt und bedeutet Auseinandersetzung mit sich selbst und seinen Gefühlen. Das bedeutet oft Blut, Schweiß und Tränen. Du kannst nicht Deinen Stolz und Dich retten. Mit Akzeptanz fängt der Prozess in Richtung Gesundheit an. Das Ziel ist innere Klarheit. Es ist nie dein Partner. Es ist nicht die Welt, die sich gegen dich verschworen hat. Es ist eine geschickte Selbstverschwörung oder sollte man sagen eine Inszenierung deines Unterbewusstseins zu deiner Heilung. Es könnte zu einer Nachreifung und Entwicklung deiner Persönlichkeit zu einer selbstständigen und beziehungsfähigen Reife führen. Unabhängigkeit ist dabei nur eine Facette der Abhängigkeit und eine Form von Flucht. Es bringt nichts, dich von deinem Partner zu trennen. Das Problem verbirgt deine Angst vor dem nächsten Schritt in deinem Reifeprozess.

Wenn Du erkennen kannst, dass du krank bist, hast Du die wichtigste Fähigkeit zur Heilung  deiner psychischen Probleme. Freue dich, es ist nicht selbstverständlich. Grundsätzlich ist der Unterschied zwischen Psychose und Neurose die Einsichtsfähigkeit. In die Neurose hat der Patient Einsicht. Die Psychose z.B. Schizophrenie lässt dem Patienten wenig Krankheitseinsicht. Hier ist das wichtigste Einsatzgebiet psychischer Medikamente, weil sie für Abstand sorgen.

Ursache für psychische Probleme sind krankmachende Bilder im Kopf des Patienten. Diese falschen Bilder können nicht vergessen werden. Therapieziel ist es, diese Bilder durch angemessene Bilder zu ersetzen. Wir müssen Erfahrungen überschreiben, statt zu löschen, weil wir keine Computer sind. Wir können uns belastende Erlebnisse mental umerleben und in einen neuen Zusammenhang stellen. Jede Blockade kann überwunden werden. Wunder sind möglich. Die Welt kann sich völlig verwandeln, wenn ich bereit bin diese Wandlung auch für mich anzunehmen.

Schlaf- und Beruhigungsmittel würde ich kategorisch ausschließen. Der kurzfristige Effekt wird durch sehr viel heftigere Angst und Schlafstörungen beim Absetzen relativiert. Nach 14 Tagen kann sich schon eine Abhängigkeit entwickeln. Wer abhängig ist, hat die größten Schwierigkeiten diese Medikamente wieder los zu werden. Viele schaffen es nicht und haben mit ziemlich bizarren Erscheinungen unter normaler Dosierung zu tun.

Mein Rat: Finger weg.

Die Suche nach der Grunderkrankung

Diagnosen sind nur Diagnosen, Menschen bleiben immer Menschen. Ärzte diagnostizieren, um einen Therapieplan zu erstellen und systematisch zu helfen. Manchmal können Diagnosen Urteile sein, die benutzt werden, um Menschen unter Kontrolle zu bekommen. Eine kritische Auseinandersetzung mit ärztlicher Diagnose ist bei komplexen Problemen immer ratsam, da es oft keine einfache Antwort gibt. Der Blick auf die körperliche Ebene bringt keine wirkliche Erklärung für all diese Phänomene. Wir wissen heute, dass bei Angst und Depressionen die Konzentrationen von Serotonin und Dopamin, zwei Botenstoffen im synaptischen Spalt bestimmter Nerven, reduziert sind. Warum das so ist, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Es kann innere Ursachen haben. Die Gabe von Medikamenten ist der Versuch, eine günstige Änderung in Richtung höherer Konzentration dieser Stoffe zu erreichen. Das kann auch durchaus sinnvoll sein, es kann aber auch die wirklichen Ursachen verbergen, denn wenn es schnell besser geht, wer will dann noch lange an den Ursachen arbeiten. Da macht man lieber so weiter, wie bisher und verpasst die Chance zur Weiterentwicklung, auf eine neue Ebene des Selbstverständnisses. Die Erfahrung zeigt, das eine ohne Medikamente überwundene Depression weniger Rückfallrisiko hat.